Sven Väth äußert sich zu GEMA-Plänen

Sven Väth ist nicht nur einer der bekanntesten und einflussreichsten DJs des Landes und der ganzen Welt sondern auch Club-Besitzer. Aus diesem Grund ist es ganz besonders interessant, was er zu der geplanten GEMA-Tarif-Änderung zu sagen hat.

Heute erklärte sich der Cocoon-Chef auf der Cocoon-Homepage. Hier lest ihr sein Statement:

Der Streit um die geplante Erhöhung der GEMA-Gebühren für Clubs schlägt mittlerweile ja ziemlich hohe Wellen, und das ist gut so! Auch ich habe mich gegen die Tarifänderung für Clubs und Events ausgesprochen und die Reaktionen auf meine Äußerungen haben mich nun zu dieser Stellungnahme veranlasst.

Man unterstellt mir z.B., dass ich selbst als GEMA-Mitglied bei den GEMA-Geldern mit verdiene. Das ist allerdings nur insofern richtig, dass ich nur angeschlossenes Mitglied bin, also nicht zu den 3.400 Textdichtern und Komponisten gehöre, die als ordentliche Mitglieder die Entscheidungen der GEMA beeinflussen können und auch ca. 65% der Gelder kassieren, zu diesem Kreis gehöre ich nicht.

Meine GEMA-Tantiemen erhalte ich für die Verwendung meiner Kompositionen und bin somit einer der wenigen Künstler im Bereich der elektronischen Musik, der überhaupt etwas bekommt.

Dieser Vorgang hat allerdings rein gar nichts mit der geplanten Erhöhung der GEMA-Tarife für die Clubs zu tun, denn von den GEMA-Gebühren, die Clubbetreiber zahlen, kommen nur verschwindend geringe Beträge bis gar nichts bei den Künstlern an, deren Platten ich spiele. Die Leute, die wirklich von der GEMA leben, sind die Superstars, die regelmäßig Singles und Alben von sich oder der Künstler, die sie produzieren, in den Charts stehen haben. Deshalb begünstigt der Verteilungsschlüssel der GEMA die dicken Fische und benachteiligt dabei Tausende von Komponisten, insbesondere diejenigen aus unserer Musikszene (aber auch etlicher weiterer Sparten). Deshalb ist – neben dem Verzicht auf die überzogene Gebührenerhöhung – eine grundlegende Änderung des Verteilungsschlüssels die in meinen Augen wichtigste Forderung im Zusammenhang mit einer GEMA-Reform.

Wenn ich über die geplante Erhöhung der GEMA-Gebühren für Clubs spreche, tue ich das als Unternehmer und Clubbetreiber, der seit vielen Jahren eine große Zahl Menschen beschäftigt, deren Jobs bei Anwendung der geplanten Tarife in Gefahr wären.

Es geht hier um das Überleben der Clubkultur – einer ganzen Szene, von der ich nur ein kleiner Teil bin. Vielen Künstlern würde durch die Tariferhöhung die Grundlage genommen, auf der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Es ist ein Unterschied, ob eine kommerzielle Großraum-Disko nur Radiohits etc. spielt, ob ein Live-Konzert stattfindet oder ob, wie in unserem Fall, Techno- und House- (oder Independent- etc.) Musik von DJs dargeboten wird. Diesen Unterschied macht die GEMA leider nicht. Ich selbst spiele mindestens 80% GEMA-freier Musik, und selbst die restlichen 20% erscheinen meist nur in Vinyl-Kleinstauflagen von höchstens 1000 Exemplaren. Doch laut der GEMA reicht ein einziger GEMA-Track am Abend aus, um den ganzen Abend GEMA-pflichtig zu machen. Das heisst, es fließen Tantiemen an… – Ja an wen denn eigentlich, wenn doch fast alle Platten aus meinem Set GEMA-frei sind??

Ausserdem ist es höchst unfair, dass man sich lediglich an Raumgröße, Eintritt und Öffnungszeiten orientiert, denn die tatsächliche Auslastung des Clubs und der davon abhängige wirtschaftliche Erlös wird gar nicht berücksichtigt. Ganz konkret heisst das, nicht nur mein Cocoonclub zahlt nach der GEMA-Verordnung immer dieselbe Summe, ausgehend von der Maximalkapazität und dem maximalen Eintrittspreis, ganz egal ob 10 oder 1000 Leute die Musik konsumieren! Eine Schließung derjenigen Clubs, die nicht immer voll ausgelastet sind, wäre dann unausweichlich, und gerade für Frankfurt mit seiner vielfältigen Nachtschwärmer-Kultur wäre das eine Katastrophe, denn gerade die “experimentellen” Clubs haben ja schon grundsätzlich ein hohes Risiko zu tragen, was die zu erwartenden Besucherzahlen angeht.

Sven Väth