Jón Gnarr – Einer, der auszog, ein Rathaus zu erobern

jon gnarr„Demokratie ist nicht vollkommen. Sie kann extrem mühsam und zeitraubend sein, aber sie ist bis heute immer noch die gerechteste Gesellschaftsordnung, die der Mensch erfunden hat. Demokratie steht und fällt mit Teilnahme und Einmischung“, erklärt Jón Gnarr in seinem gerade erschienen Buch „Hören Sie gut zu und wiederholen Sie!“. Gesagt, getan, Gnarr gründete vor vier Jahren die „Beste Partei“ und kandidierte vor vier Jahren bei der Bürgermeisterwahl in Reykjavík als das Land seine schlimmste Finanzkrise erlebte und ins Chaos stürzte. Der Anarchist, Komiker, Schauspieler und Autor war von Anfang an davon überzeugt, dass er es schaffen könnte, während seine (etablierten) politischen Gegner noch über ihn lachten. Der Rest ist Geschichte. Seine Amtszeit neigt sich nun dem Ende entgegen, und das vorläufige Fazit fällt positiv aus, die Einwohner Stadt sind großenteils sehr zufrieden mit seiner Arbeit. Der 47-Jährige selbst ist ebenfalls nicht unzufrieden, hat der doch die politische Kultur in seinem Land verändert mit seinem ehrlichen, aber auch sehr humorvollen Politikstil. Beklagenswert sei das politische System, „gesteuert von Menschen mit Autoverkäufer-Mentalität.“ Nicht Politik und das System, sondern Berufspolitiker. „Ein Teil des Problems ist, dass wir nicht genug, Künstler, Musiker oder Wissenschaftler in der Politik haben.“

In seinem Buch erzählt Jón Gnarr über seinen Werdegang, seine Zeit als Punk, Anarchist, über seine Kindheit, seine Eltern und ein Poster von Nina Hagen. Und er erzählt uns, ganz explizit, mir und dir und uns allen, dass wir nicht immer den Kopf in den Sand stecken sollen, sondern aktiv werden sollen. Bei aller Politikverdrossenheit, die es bei uns gibt, ist das ein sehr reizvoller Gedanke. Bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht erst so eine Krise erleben müssen, um umzudenken. Er wird übrigens nicht wieder kandidieren und das ist nur konsequent, denn jetzt müssen andere nachrücken und den neuen Weg weitergehen.

Der fünffache Familienvater sieht sich am 17. Juni 2014, einem Tag nach dem Ende seiner Amtszeit „in einem Flugzeug, egal wohin.“ Und wie letztlich auch einer Söhne bemerkte: „Bürgermeister können viele sein, aber mein Vater nur einer.“

Jón Gnarr – Hören sie gut zu und wiederholen sie! Wie ich einmal Bürgermeister wurde und die Welt veränderte
Tropen Verlag, 175 Seiten, 14,95 EUR

Das könnte dich auch interessieren:
Sónar Reykjavík 2014 – Bilder vom Festival
Island – Zwischen Vulkanen, heißen Quellen und einem Nachtleben ohne Nacht

The Reykjavík Grapevine – das etwas andere Organ
Douglas Coupland: Generation A – Anti-Utopie …

Jón Gnarr auf Facebook
www.tropen.de